Jeweils zu Beginn des Jahres, im Januar oder Februar, passiert es wieder. Wir schlendern durch den Supermarkt und da lachen uns blaue Heidelbeeren, leuchtend rote Erdbeeren und frische Spargeln an. Die Heidelbeeren stammen aus Marokko oder Spanien, die Erdbeeren aus Italien oder Spanien und die Spargeln aus Mexiko oder Peru. Diese drei Beispiele habe ich gewählt, weil es sich um Produkte handelt, die zur gegebenen Saison auch in der Schweiz angebaut werden. Es stellt sich also unweigerlich die Frage, wieso diese Produkte schon im Februar im Angebot sein müssen. Aus Sicht der Supermärkte ist klar, dass der Umsatz im Fokus steht. Man will die Kund:innen in die Filiale locken und die Kauflaune mit diesen Frühlingsboten wecken. Bietet das nur der Konkurrenzsupermarkt an, besteht die Gefahr, dass die Kund:innen ihre Einkäufe dort tätigen.
Aus Nachhaltigkeitssicht ist das aber auf jeden Fall eine bedenkliche Entwicklung. Es ist schon lange bekannt, dass ein Drittel der Treibhausgasemissionen auf die Ernährung zurückzuführen ist. Mit einer gezielten Lebensmittelwahl können also Konsument:innen grossen Einfluss nehmen. Hier gibt es einige einfache Regeln, die man beachten kann. Beispielsweise:
- Tierische Lebensmittel sind im Schnitt weniger klimafreundlich als pflanzliche Lebensmittel. (Agroscope-Forschende konnten anhand konkreter Beispiele aufzeigen, wie zentral eine Ernährungsveränderung ist für die Klimabilanz.)
- Bei Früchten und Gemüsen unbedingt auf die Saison achten.
- Regionale Produkte kaufen.
Aus einer Studie von ETH-Forscher:innen geht hervor, dass Konsument:innen den Einfluss des Produktionslandes überschätzen, während sie hingegen den Einfluss der Saisonalität unterschätzen. Nehmen wir dazu wieder die Beispiele vom Anfang. Bei den Spargeln aus Peru sehen wir sofort, dass sie aus Peru stammen, das wird nämlich auf der Verpackung so deklariert. Wir können intuitiv sagen, dass sie einen weiteren Weg hinter sich haben als die Erdbeeren aus Spanien. Sind sie deshalb klimaschädlicher? Nicht unbedingt. Viel wichtiger als der Transportweg ist nämlich die Saisonalität. Werden im Winter in Spanien Erdbeeren angebaut, stammen die zwingendermassen aus einem beheizten Gewächshaus (weil Anbau sonst zu dieser Jahreszeit nicht möglich ist), was bedeutet, dass viel Energie aufgewendet wurde. Aber Achtung, Gewächshäuser sind nicht per se schlecht. Unbeheizte Gewächshäuser sind durchaus ressourcenschonend. Und genau hier wird es kompliziert. Die genaue Produktionsmethode ist auf der Verpackung nicht ausgewiesen. Es ist für Konsument:innen also mit viel Aufwand verbunden, hier eine genaue Abschätzung zum Klimafussabdruck eines Produktes treffen können. Nur schon bei der Saisonalität braucht es Wissen, um beurteilen zu können, was wo gerade Saison hat. Transportdistanzen können wir einfacher abschätzen. Deshalb wird der Faktor der Saisonalität unterschätzt, während wir Transportwege überschätzen.
Es wird immer wieder das Argument angeführt, dass nur angeboten wird, was die Konsument:innen kaufen. Es ist wenig zielführend, die ganze Verantwortung den Konsument:innen zu übertragen. Aktuell ist es fast unmöglich, am Regal innert nützlicher Frist das klimafreundlichste Produkt zu identifizieren. Es braucht deshalb einerseits einfach zugängliche Informationen wie Klimalabels auf den Produkten, die auf einen Blick erfassen lassen, wie klimafreundlich ein Produkt ist. Andererseits braucht es auch politische Massnahmen und Rahmenbedingungen, die das Angebot steuern und allenfalls Maximalwerte für Klimafussabdrücke von Produkten definieren.